Anna Lisa Carlotti entdeckte die Dokumente im Nachlaß des Priesters Enrico Assi, der für die Resistenza tätig war, und publizierte sie in den "Annali di Storia contemporanea" (Annalen für

Zeitgeschichte) der Katholischen Universität Italiens. Aus den Dokumenten spreche ein primitiver Antiklerikalismus und Kirchenhaß. Die katholische Kirche werde darin als einer der "härtesten und

schlimmsten Feinde des Faschismus" dargestellt", schreibt Carlotti.

Eines der von ihr entdeckten Dokumente berichtet Details über den Plan "Rabat-Föhn", der dem neofaschistischen Parteichef von Como, Paolo Porta, vom Stabschef der SS in Italien mitgeteilt worden war.

Demnach hätten deutsche SSler in italienischen Uniformen und mit italienischer Bewaffnung bei Nacht in den Vatikan eindringen und dort ein Blutbad unter führenden Kurienmitarbeitern anrichten sollen.

Um den Papst zu "retten", hätten dann Einheiten der "Panzerdivision Hermann Göring" eingreifen und die verkleideten SSler außer Gefecht setzen sollen. Pius XII. wäre nach Deutschland gebracht

worden, zugleich hätte eine heftige Kirchenverfolgung einsetzen sollen. Porta sparte in seinem Kommentar zwar nicht mit "vulgären antiklerikalen Tiraden", hatte sich aber doch so weit einen klaren

Kopf bewahrt, daß er für den Fall der Durchführung des Plans weltweite katholische Empörung gegen die Nationalsozialisten und ihre Helfershelfer voraussah.

Ein weiteres Dokument, das die Unterschrift des neu-faschistischen Parteichefs von Mailand, Vincenzo Costa, trägt, stellt eine Generalabrechnung mit dem damaligen Mailänder Erzbischof, Kardinal

Ildefonso Schuster, dar. Kardinal Schuster hatte bereits 1938 den Zorn der Faschisten erregt, weil er nach der Einführung der sogenannten "Rassengesetze" in Italien den Faschismus wegen dessen

"Rassenpolitik" scharf kritisiert hatte. Der Mailänder Erzbischof hatte bei dieser Gelegenheit den Rassismus der Nazis als "neue nordische Häresie" bezeichnet, die eine "internationale

Gefahr" darstelle, die nicht geringer zu bewerten sei als der Bolschewismus.

Bekanntlich war der Faschismus in Italien durch eine Abstimmungsniederlage Mussolinis im "Großen Rat" am 25. Juli 1943 und die anschließende Verhaftung des "Duce" auf Anordnung König Viktor Emmanuel

III. zu Ende gegangen. Die faschistische Partei wurde aufgelöst. Erst nach dem Waffenstillstand Italiens mit den Alliierten am 8. September 1943 und der folgenden Besetzung großer Teile Italiens

durch die Deutschen konstituierte sich der Faschismus neu.

Papst Johannes Paul II. will nach einem Bericht von "La Repubblica" (Dienstagausgabe) Pius XII. · gemeinsam mit Johannes XXIII. und Paul VI. · im Jahr 2000 seligsprechen.

Die katholische Kirche hatte im März erstmals offiziell eingestanden, ein Teil der Christen habe sich nicht entschieden genug gegen die Judenverfolgung der Nazis gewehrt. Eine klare Entschuldigung

für Versäumnisse der Kirchenführung enthielt das Vatikan-Dokument "Wir erinnern: Nachdenken über die Shoah" jedoch nicht. Vor allem das umstrittene "Schweigen" von Papst Pius XII. während der

Nazizeit wird nach Ansicht von Kritikern nicht ausreichend beleuchtet.

Dagegen erklärte kürzlich der italienische Kardinal Paolo Dezza (96), Pius habe öffentlich die Vorgehensweise Hitlers verurteilen wollen. Deutsche Bischöfe hätten ihn jedoch gebeten, sich zur

Judenverfolgung nicht öffentlich zu äußern. Zur Begründung hatte es geheißen, Hitler könnte dadurch zu noch schlimmeren Gewalttaten veranlaßt werden. Zudem kursierten damals bereits Gerüchte, Hilter

wolle Pius gefangenzunehmen. "Er zeigte mir Briefe von deutschen Bischöfen und Kardinälen, die ihn baten, nicht zu reden", schrieb Dezza in einem Leitartikel im April. Er war nach eigenen Angaben

1942 zu Exerzitien im Vatikan.