Bayern 2 - Land und Leute


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Albtraum von Eldorado Als die Welser über Venezuela herrschten

Gold machte Menschen schon immer blind. So auch die Welser im 16. Jahrhundert. Kein Wunder, dass ihnen die Zeit, in der sie über Venezuela herrschten, zum Albtraum wurde. - Ulrich Zwack schildert die schwäbische Suche nach Eldorado.

Von: Ulrich Zwack

Stand: 23.08.2015 | Archiv

Goldbarren | Bild: picture-alliance/dpa

"Ich sah die Dinge, die aus dem neuen Goldland gebracht worden waren; eine Sonne ganz aus Gold, einen ganzen Klafter breit; ebenso einen Mond ganz aus Silber; desgleichen allerlei Kuriositäten. Ich habe in meinem ganzen Leben nichts gesehen, was mein Herz so erfreute. Denn ich sah dabei erstaunliche künstlerische Gegenstände, und ich wunderte mich über die feine Erfindungsgabe der Menschen in diesen entfernten Ländern."

(Albrecht Dürer)

Unkonventionelle Wege beim Abstottern der Schulden

Dass Machthaber schwach bei Kasse sind, kommt ziemlich oft vor. Schon der römische Kaiser Vespasian erhob in der Hoffnung, auf anrüchige Art seine erheblichen finanziellen Engpässe überwinden zu können, eine Sondersteuer auf die Benutzung öffentlicher WCs. Und Karl V. konnte sich viele Jahrhunderte später nur mithilfe äußerst großzügiger Kredite der Augsburger Bankiers Fugger und Welser über Wasser halten. Beim Abstottern beschritt auch er teilweise unkonventionelle Wege. Er verfügte zwar über kein Bargeld, aber bekanntlich über ein Reich, in dem die Sonne niemals unterging. Also verpfändete er im Jahr 1528 kurz entschlossen Venezuela ans Welser'sche Bankhaus, um sich so lästiger Ratenzahlungen zu entledigen.

Anlass zu schönsten Hoffnungen ... 

Tropischer Urwald

Venezuela, deutsch Kleinvenedig, war damals ein noch weitgehend unerschlossenes Land der Neuen Welt. Deshalb wussten die Welser nicht wirklich, auf was sie sich da eingelassen hatten. Aber das, was spanische Konquistadoren in Mexico oder Peru an Schätzen zutage gefördert hatten, gab zweifellos zu den schönsten Hoffnungen Anlass. Um ihre neue überseeische Besitzung gehörig auszubeuten, brachten die Welser Bergbaufachleute und ein ganzes Heer schwarzer Sklaven mit. Und dann begannen deutsche Konquistadoren wie Nikolaus Federmann, Ambrosius Dalfinger oder Georg Hohermuth mit bis an die Zähne bewaffneten Expeditionskorps das unbekannte Land zu erkunden. Stets auf der fieberhaften Suche nach einem reinen Hirngespinst: dem goldenen Eldorado. In der dünnen Luft der Hochebenen und dem höllischen Brodem der tropischen Urwälder sowie durch die ständigen Angriffe feindlicher Indios starben viele Männer – ohne ihrem Traumziel je auch nur um einen einzigen Meter näher gekommen zu sein.

Deutsche Konquistadoren agierten außerordentlich brutal

Kaiser Karl V.

Die deutschen Konquistadoren zählten zu den brutalsten europäischen Lateinamerika-Eroberern überhaupt. Angesichts der barbarischen Gräueltaten eines Hernán Cortés  oder Francisco Pizarro mag das fraglos einiges heißen. Bald waren die Deutschen bei Indianern wie spanischen Siedlern gleichermaßen verhasst. Diesem Hass fielen selbst so illustre Männer wie Bartholomäus VI. Welser oder Philipp von Hutten zum Opfer, ehe Karl V. den Welsern wegen der untragbaren Zustände 1546 die Herrschaft über Venezuela wieder entzog. - Ulrich Zwack schildert die Geschichte eines Traumes, der zum Albtraum wurde.


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