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Wie die Zeit vergeht mit...: Claudia Cardinale

Foto: Gamma-Rapho/Getty Images

Filmstar Claudia Cardinale wird 80 Glückwunsch, Tigerin!

Complimenti - Claudia Cardinale hat es geschafft, als skandalfreies Sexsymbol in Würde zu altern. Gratulation an eine Traumfrau, die uns grandiose Filme bescherte. Und sich ihre Freiheit hart erkämpfte.

Sehr verehrte Signora Cardinale,

eines vorweg: Man kann es mit der Professionalität auch übertreiben. Marlon Brando, Marcello Mastroianni, Alain Delon: Drei der schönsten Männer der Filmgeschichte - sie alle haben bei Ihnen angeklopft. Mehrfach. Und alle drei haben Sie nach eigenem Bekunden verschmäht.

Eine klitzekleine Ausnahme hätte ich an Ihrer Stelle eventuell gemacht. Egal. Sie haben sich gegen das Blitzlichtgewitter, gegen noch mehr Aufmerksamkeit entschieden und nicht mit Filmpartnern hinter der Kamera angebandelt. Hut ab.

Andere Filmstars haben dutzendfach geheiratet - Sie nie. Nur einmal, da wurden Sie geheiratet: von Franco Cristaldi. Der Chef der Filmfirma Vides hatte Sie Ende der Fünfzigerjahre in Rom unter Vertrag genommen, als noch kaum Italienisch sprechende Tunesierin, schöne Nachfahrin sizilianischer Auswanderer. Er flog Ihnen 1967 in die USA hinterher, wo Sie gerade drehten. Und arrangierte ohne Ihr Wissen eine Hochzeitsparty in Atlanta.

"Ich war Aschenputtel"

Diese Ehe haben Sie nie anerkannt und fühlten sich eingeengt vom mächtigen Produzenten, der Ihnen zwar den Weg zum Film ebnete, Sie aber um Ihre persönliche Freiheit betrog. So sehr, dass Sie verleugnen sollten, ein Kind zu haben: Der kleine Patrick, geboren nach einer Vergewaltigung, passte nicht zum Hochglanz-Image der perfekten Filmdiva. Jahrelang mussten Sie so tun, als wäre er Ihr kleiner Bruder.

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Wie die Zeit vergeht mit...: Claudia Cardinale

Foto: Gamma-Rapho/Getty Images

"Ich war Aschenputtel, seiner Großzügigkeit komplett ausgeliefert", schrieben Sie 1995 in Ihren Memoiren über Cristaldi. "Ich war nicht Herrin, weder meines Körpers noch meiner Gedanken." Und begehrten dennoch lange nicht auf. Obwohl Meisterregisseure wie Luchino Visconti und Federico Fellini sich um Sie rissen, Sie einen Film nach dem anderen drehten - manche sogar parallel.

In Viscontis Meilenstein "Der Leopard" waren Sie die Schwarzhaarige, in Fellinis "Achteinhalb" zur gleichen Zeit die Blonde; hier die engelsgleiche Bürgertochter Angelica im wogenden Ballkleid, dort Diva Claudia und übersinnliches Traumwesen. Fellini war es, der Ihnen 1963 Ihre Stimme zurückgab und Sie erstmals nicht mehr synchronisieren ließ. Endlich war Ihr kratzig raues Timbre zu hören.

Kultstatus durch Spaghetti-Western

In den Sechzigerjahren stiegen Sie zum internationalen Star auf, beschenkten die Welt mit grandiosen Kino-Momenten: Sie brachten die Zuschauer zum Kichern als durchtriebene Prinzessin Dala in "Der rosarote Panther". Und nahmen ihnen den Atem als unfassbar taffe Ex-Hure Jill McBain in "Spiel mir das Lied vom Tod".

Durchdringender Blick, keine Träne, kein Zeichen der Schwäche: Wortlos schritten Sie auf der Sweetwater-Farm an aufgebahrten Leichen vorbei, die unbeugsame Mrs McBain mit weißem Strohhütchen mitten im Dreck. Stark, schön, unvergesslich.

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Der legendäre Italowestern von Sergio Leone verhalf Ihnen 1968 endgültig zu Kultstatus: Sie waren als "La Cardinale" in Italiens erster Filmdivenliga mit Gina Lollobrigida und Sophia Loren angekommen. Ebenso sinnlich kurvig, aber kämpferischer, trotziger, zur Rebellion entschlossen.

Ihr Freund Visconti hat das klar erkannt: "Jedermann glaubt", sagte er einmal, "dass Claudia Cardinale ein gutaussehendes Kätzchen ist, das ausgestreckt auf der Couch liegt und darauf wartet, gestreichelt zu werden. Aber ich sage Ihnen, dieses Kätzchen ist im Begriff, eine Tigerin zu werden, die früher oder später ihren Bändiger zerreißen wird."

Eine Frau, die niemand stoppen kann

Und genauso kam es: 1975, als Sie Ihre größten Filme schon gedreht hatten, lösten Sie sich von Cristaldi und seiner Firma, um Ihre Freiheit zurückzuerlangen. Wutentbrannt versuchte der verlassene Produzent, Ihre Karriere zu zerstören - und die Ihrer neuen Liebe, des Regisseurs Pasquale Squitieri, gleich mit.

Es ist ihm nicht gelungen, zum Glück. Sie haben weitergedreht, immer weiter, über 100 Filme. Am Sonntag, den 15. April 2018, feiern Sie Ihren 80. Geburtstag - eine lange Karriere ohne Skandale und ohne Allüren. Brigitte Bardot kehrte der Schauspielerei schon mit 38 Jahren den Rücken. Sie haben ausgeharrt und Courage bewiesen.

Gefährliche Stunts haben Sie am liebsten selbst gedreht. Und folgten 1982 Regisseur Werner Herzog für "Fitzcarraldo" sogar in den peruanischen Dschungel. Bei mörderischer Hitze und karger Kost hielten Sie, als Bordellbesitzerin Molly, dem durchgeknallten Klaus Kinski die Treue. Das muss man erst mal schaffen.

Mit schon über 60 starteten Sie neu durch und legten endlich Ihre Scheu vor dem Theater ab. Zuletzt sind Sie mit dem Stück "Das seltsame Paar" durch Italien getourt - Seite an Seite mit der Ex-Frau Ihres Ex-Partners Squitieri. Keine Falte weggebügelt vom Schönheitschirurgen, superb wie eh und je.

"Ich bin eine Frau, die niemand stoppen kann. Ich werde nie in Pension gehen", sagten Sie dem "Corriere della Sera" im März 2018. Und auch das: "Mit 80 bin ich eine Frau, die im Reinen mit sich ist." Glückwunsch dazu!

Hochachtungsvoll

Ihre Katja Iken