14. Dezember 2014 

Andy Warhol – Godfather of Pop Art

 

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Bildquelle: Sharon Mollerus – FLICKR CC BY 2.0

Nach einer wahren Andy Warhol-Nacht mit einer zweiteiligen Dokumentation von insgesamt drei Stunden auf dem Kultursenderkanal ARTE erwuchs in mir das Verlangen diesem Genie als weitere Hommage an diese Zeit einen ausführlichen Beitrag zu widmen. Es handelt sich hierbei neben Picasso um den genialsten und kompletesten Künstler des 20. Jahrhunderts. Nach einer schweren, von Krankheit geprägten Kindheit und Jugend begann seine beispiellose Karriere zunächst als Werbegrafiker im New York der 50er Jahre. In den 60er Jahren folgte der Durchbruch und Aufstieg zum Weltstar als Künstler, Filmemacher, Verleger und Musikproduzent. 1962 hob er mit seinen stereotypen Siebdrucken die Pop Art aus der Taufe, sorgte in der Kunstwelt für polarisierende Furore und hinterließ ein millionenschweres Erbe.

Bemerkenswert ist, dass ich vor kurzem erst einen Ausflug in den Mikrokosmos des Rhöner Landlebens der 60er Jahre unternahm. Hier tickten die Uhren noch etwas anders, will heißen es ging mehr darum, wer den höheren Misthaufen hat, als um kulturgesellschaftliche Themen. Ein höchstbemerkenswertes konträres Bild dieser Zeit! Nun geht es also wieder in die große, weite Welt der 1960er Jahre hinaus.

Bevor ich genauer auf Warhols Werk und sein glamouröses Leben im Umfeld der Factory eingehe, erstmal einige biografische Daten: Andy Warhol erblickte 1928 unter dem bürgerlichen Namen Andrej Warhola als Sohn lemko-ruthenischer Emigranten in Pittsburgh/Pennsylvenia das Licht der Welt. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Im Alter von acht Jahren erkrankte Warhol an Veitstanz (Chorea minor), gepaart mit einer seltenen Pigmentstörung, so dass man ihn lange für einen Albino hielt. In der Schule tat er sich im allgemeinen schwer, war kontaktscheu und wurde ausgegrenzt. In dieser Zeit, in welcher er aufgrund seiner Krankheit zeitweise ans Bett gefesselt war, entwickelte er eine Leidenschaft für Comics und Kinofilme, begann zu zeichnen und Papierfiguren auszuschneiden.

Mit einem Studium der Gebrauchsgrafik von 1945 bis 1949 am Carnegie Institute of Technology in Pittsburgh vertiefte er seine Leidenschaft und machte seinen Abschluss in Malerei und Design. Anschließend zog er nach New York, dem damaligen Zentrum der Werbung.

Zu dieser Zeit war sein begnadetes Talent bereits nicht mehr zu übersehen. Er entwickelte in seinen Illustrationen neuartige Techniken der Strichführung. Die Technik der drop an dripping Methode war bereits an die Reprotechniken der späteren Siebdrucke angelehnt: Mit Tinte und Tusche gezeichnete Motive von Engeln, Putten, Schmetterlingen oder Katzen wurden mit einem Blatt Löschpapier kopiert und auf ein neues Blatt übertragen. Mit dieser Herangehensweise machte er sich bald einen Namen in der New Yorker Werbeszene und wurde von zahlreichen Art Direktoren für Illustrationen und Anzeigen in Hochglanzmagazinen gebucht. Auch als Schaufensterdekorateur machte er sich einen Namen und stieg bis Ende der 1950er Jahre zu den bestbezahlten Grafikdesignern New Yorks auf. Seine ersten Ausstellungen hatte er 1952 und 1956 im Museum of Modern Art, als Grafiker, nicht als bildender Künstler.

Es ist Fakt, dass kein Grafiker wirklich zum Weltstar aufsteigen konnte, sondern auch Stardesigner vornehmlich einem Fachpublikum bekannt waren. Dies hat sich bis heute nicht geändert, denn kaum jemandem außerhalb der Fachszene dürfte z.B. der Name Stefan Sagmeister ein Begriff sein. Warhol gab sich mit dem Dasein als in New York gefragter Grafiker nicht mehr zufrieden. Er glaubte an sein Talent, er glaubte daran den Durchbruch als bildender Künstler schaffen zu können.

Sein Aufstieg als bildender Künstler war allerdings mit erheblich mehr Anfangsschwierigkeiten verbunden. Hatte er als Grafikdesigner auf Anhieb Erfolg, musste er hier erst seinen Weg finden. Pollocks Abstrakter Expressionismus beherrschte gegen Ender 50er Jahre die Kunstszene. Gegen diese Strömung musste Warhol sich durchsetzen. Zunächst begann er mit trivialen Sujets der Popkultur, Hollywoodstars, Comic- und Cartoonmotiven wie Mickey Mouse, Popeye und Superman zu experimentieren. Er musste allerdings schnell festellen, dass ein gewisser Roy Liechtenstein diese Stilistik bereits viel weiter entwickelt hatte als er es tat.

Dies war gewissermaßen der Anstoß sich mit neuen Techniken vertraut zu machen, Techniken die er dem grafischen Gewerbe entnahm und sie in die bildene Kunst einführte. So begann er sich Anfang der 1960er Jahre intensiv mit dem Siebdruck vertraut zu machen und sammelte Bilder aus Flugblättern, Kinoheften, Zeitschriften wie Life oder dem Time-Magazine, um sie als Vorlagen für seine Bilder zu verwenden.

Die ersten Siebdrucke entstanden. Kennzeichnend für die folgende Periode seines Schaffens war die Verwendung von weit verbreiteten, jedem Amerikaner vertrauten Motiven (meist der kommerziellen Werbung und Pressefotos), von denen er Siebdruckvorlagen herstellen ließ und die er dann seriell wiederholte.

Im Jahre 1962 war es endlich soweit: Ein auf den ersten Blick banales, der Konsumgesellschaft entnommenes Motiv verhalf ihm zum Durchbruch als bildender Künstler, die Campell`s Soup Can. Er fertigte eine 32-teilige, serielle Siebdruckreihe dieses Motivs an, weil es die Suppenkonserve in 32 verschiedenen Geschmacksrichtungen gab. Vom 9. Juli bis 4. August 1962 wurde es in Walter Hopps`Ferus Gallery in Los Angeles gezeigt und war seine erste Einzelausstellung als Künstler. Das Werk polarisierte und wurde in Fachwelt zunächst kontrovers diskutiert. Es fanden sich zunächst nur fünf Käufer, welche die revolutionäre Neuerung von Warhols Sichtweise erkannten. Bei der Fachwelt stießen die neuen Techniken und Motive zunächst auf großes Unverständnis. Trotz dieses Rückschlages glaubte Warhol weiter an sich und setzte sich gegen seine Kritiker durch. Andere, der trivialen Konsumwelt entnommenen Vorlagen wie die Coca-Cola Flasche dienten als Vorlage für neue Werke. Mit weiteren berühmten Siebdrucken und Gemälden von Hollywoodgrößen wie Marilyn Monroe, Liz Taylor, James Dean oder der Elvisreihe fand er allmählich Beachtung und die Zahl derer, welche sein revolutionäres Tun im Bereich der Künste erkannten, wuchs stetig und zwar in dem Maße, dass er allmählich auch internationale Anerkennung erlangte. Die ersten schweren Schritte waren getan. Der Geniestreich bestand darin, dass er bis dahin nicht gekannte Reproduktionstechniken von der grafischen in die Welt der Künste einführte und mit seinen Motiven genau den Nerv und den Zeitgeist der amerikanischen Gesellschaft traf. Unverwechselbare Wiedererkennungswerte waren das Ergebnis.

warhol2Bildquelle: bfick – FLICKR CC BY 2.0

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Bildquelle: Jerk Alert Productions-FLICKR CC BY-SA 2.0
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Bildquelle: richard winchell – FLICKR CC BY-ND 2.0

 

Die Kunstkritik erkannte bald, dass diese Bilder einen ungeheuren ästhetischen Reiz hatten: Durch ihre Serialität lenkten sie die Aufmerksamkeit weg vom Motiv hin zur Machart der Vorlagen und ließen dadurch den manipulativen Charakter der Populärkultur unserer Zeit erkennbar werden – wir alle sind durch die Massenmedien in unserer Wahrnehmung gelenkt. Zudem hatten die Bilder ihren optischen Reiz, indem sie durch grelle Farbgebung und bewusst schlampigen Farbauftrag die Originalvorlagen so veränderten, dass eine quasi „filmische“ Betrachtung möglich wurde. Warhols Bilder wurden spätestens seit 1965 als Sensation auf dem Kunstmarkt gefeiert.

Was dann folgte war eine wahre Expolosion der innovativen Schaffenskraft und zugleich tauchte er in Welt der Glamour und Glitzerwelt eines als Superstar gefeierten Künstlers ein. Im Jahre 1962 bezog er die ersten Räumlichkeiten seiner als “Factory” bezeichneten Ateliers, in der East 87th Street in einer alten Feuerwehrwache. Dieses Studio war zunächst vornehmlich als Arbeitsatelier gedacht und Warhol machte sich unverzüglich daran die berühmte Brillobox-Serie u.a. zu kreieren. Hier hatte er bis Ende 1963 gearbeitet. Die eigentliche legendäre Silver Factory befand sich von Anfang 1964 bis Anfang 1968 in New York an der Adresse 231 East 47th.

Das Atelier wandelte sich vom reinen Arbeitsraum zu einem bohemien-artigen Treffpunkt und Drogenumschlagsplatz für die New Yorker Undergroundszene. Die Factory war der Ort, wo sich bildene Künstler, Musiker, Tänzer, Schauspieler, Selbstdarsteller, Homosexuelle, Transvistiten versammelten. All diese schrillen Figuren hatte Warhol nun um sich geschart, man kann annehmen, dass sie ihn vergötterten und wenngleich er selbst keine Drogen nahm, waren exzessive Parties Orgien mit allen weichen und harten Stoffen an der Tagesordnung. Auch gaben sich berühmte Persönlichkeiten wie Bob Dylan, Jim Morisson, Mick Jagger, Salvador Dali u.a. die Klinke in die Hand, wenn sie gerade zu Besuch in der Stadt waren. Warhol war nun nicht mehr nur ein bekannter Künstler, sondern gleichwohl zur Glamourfigur avanciert.

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In der Silver Factory tummelten sich illustre und schrille Figuren, u.a. die amerikanische Schauspielerin und Fotomodell Edie Sedgwick. Bildquelle: Jeff Tidwell – FLICKR CC BY 2.0

 

Es war bereits die zweite Hälfte des Jahrzehnts angebrochen und zeitgleich zu der Aufruhr um seine Person orientierte er sich auch künstlerisch noch einmal neu. Ab 1965 schien die Malerei und Siebdruckerei ausgereizt und er konzertierte sich vermehrt auf seine zweite große Leidenschaft: Den Film.

Die Silver Facotry schaffte mit einer ca. Größe 4000 qm beste Voraussetzungen für ein Filmstudio und die in den Räumlichkeiten verkehrenden schrillen Figuren boten häufig reichlich Stoff für Filmmaterial. Er dokumentierte all dies mit einer Filmkamera (später auch mit Polaroids). Mittels einer Bolex-Schmalfilmkamera begann er, systematisch Aufnahmen von Besuchern, Künstlerfreunden und anderen Prominenten (z. B. Mick Jagger, Bob Dylan, Marcel Duchamp und Salvador Dalí) zu machen.

Die Orgien und Parties schienen ihn wenig abzulenken und es folgte eine weitere überaus produktive und innovative Schaffensphase, welche in die Geschichte Experimentalfilms eingehen sollte. Als bekannteste Werke sind hier “Sleep” aus dem Jahre 1964 und “The Chelsea Girls”, 1966 zu nennen. Experimentalfilme zeichnen sich durch wenig Handlung einen hohen Abstraktionsgrad aus, sodass “Sleep” in einer Länge von fast 6 Stunden den Beat-Poeten John Giorno zeigt wie er schläft. “The Chelsea Girls” handelt von Bewohnern des Chelsea Hotels im New Yorker Stadtteil Chelsea, einer ebenso legendären wie heruntergekommenen Künstlerabsteige. Gnadenlos werden Drogenexzesse, Psychosen, Exhibitionismus und sexuelle Eskapaden vorgeführt. Desweiteren entstanden noch Experimentalfilme wie “Empire”, der das Empire State Building acht Stunden von einbrechender Dunkelheit bis tief in die Nacht zeigt. Bei einigen weiteren Filmen, wie “Couch”, “Blow Job” u.a. spielten hauptsächtlich skurille Besucher der Factory die Hauptdarsteller.

Zudem trat er nun auch als Multimediakünstler in Erscheinung. In Zusammenarbeit mit der legendären Band “The Velvet Underground” entstanden von Anfang 1966 bis Mitte 1967 gigantische Lightshows mit Stoboskopeffekten in diversen New Yorker Undergroundclubs. Diese Auftritte wurden unter dem Namen “Exploding Plastic Inevitable” bekannt und sorgten für Furore.

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Oben: Mit dem Einzug in die Silverfactory begann auch seine Schaffensphase als Filmemacher. Unten: Im Rahmen von Auftritten der legendären Band “The Velvet Underground” trat Warhol u.a. auch als Mulimediakünstler in Erscheinung und inszenierte psychedelische Lightshows. Bildquelle: Baby`s in Black-FLICKR CC BY 2.0

 

Die Factory entwickelte sich indessen aufgrund der ausufernden Exzesse und des extremen Drogenkonsum seiner Besucher zu einem zunehmend unwirtlichen Ort. Die Stimmung kippte zusehens und die Location verkam zu einer schmudeligen Absteige für hochgradig drogenabhängige Kulturfreaks. Trauriger Höhepunkt dieser beklemmenden Entwicklungen war das Attentat auf Warhol am 3. Juni 1968 durch die Frauenrechtlerin Valerie Solanas, bei dem der Großmeister nur knapp mit dem Leben davon kam. Zu diesem Zeitpunkt war die Silverfactory aufgrund der ausufernden Exzesse bereits geschlossen und das Attentat ereignete sich im neuen Atelier am Union Square.

Nach dem Attentat war nichts mehr wie zuvor und nach der Genesung und erneuter Selbstfindungsphase wurde es erheblich ruhiger um seine Person. Die glamouröse Factoryära war endgültig Geschichte.

Künstlerisch schien die innovativste Phase nun auch Vergangenheit gewesen zu sein. Von den frühen 1970er Jahren bis zu seinem Tod 1987 führte hauptsächlich kommerzielle Projekte aus und verdiente so noch etwas Geld. Am 22. Februar 1987 starb er schließlich überraschend und unter bis heute ungeklärten Umständen an den Komplikationen einer Gallenblasenoperation. Er hinterließ ein geschätztes Erbe von 100 Million US-Dollar.

Der Wert seiner Werke stieg auf dem Kunstmarkt bis heute schier ins unermessliche, so erbrachte das Werk “Silver Car Cash” bei einer Versteigung im November 2013 mehr als 105 Millionen US-Dollar. Es ist die teuerste Arbeit von Warhol und liegt damit auf Platz 7 der Liste der teuersten Gemälde aller Zeiten. Viele weitere seiner Werke haben jeweils eine Millionenwert auf dem Kunstmarkt und befinden sich entweder im Besitz namhafter Kunstgalerien oder in Privatbesitz.

Abschließend möchte ich mich nochmal vor einem der größten Genies der Kunstgeschichte verneigen. Bei der Frage, wen ich zu meinen Haupteinflüssen zähle, würde ich seinen Namen wohl immer als erstes nennen und seine ganze unglaubliche Vita inspiriert mich immer wieder aufs Neue. Sein Beispiel zeigt, dass Erfolg im Kunstbereich nicht immer auf Glück und Zufall, sondern auch einzig und allein auf Können, Talent und Willenskraft basieren kann. Wenngleich die Rahmenbedingungen sich aufgrund der enormen Reizüberflutung und des Überangebots an Medien erheblich erschwert haben, gilt dies nachwievor.

Auch hatte ich bereits Gelegenheit einige Orginalwerke aus der Sammlung von Gunter Sachs in einem Museum zu bestaunen. Hier waren neben einigen bemerkenswerten weiteren Pop Artkünstlern wie Roy Liechtenstein großformatige Orginalwerke der Monroe zu sehen – sehr beeindruckend und zugleich sehr inspiriend!

 

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